Kath. Pfarrkirche Heilig Kreuz (Augustinerkirche)
Landau i.d.Pfalz


Typ: Bettelordenbasilika im Stil der "Reduktionsgotik";
spätgotischer Kreuzgang
Errichtung der Klosterkirche:14. Jahrhundert
Errichtung des Kreuzgangs:ca. Mitte 15. Jahrhundert
Barocke Erweiterung des Kreuzgangs:1750 bis 1780
Benedizierung nach 100 jähr. profaner Nutzung:16.07.1893
Schwere Bombenschäden:16.03.1945
Wiederherstellung der Kirche:1955
Wiederaufbau des Kreuzgang-Ostflüges:1988




> Baugeschichte <


> Baubeschreibung <




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Zeittafel:
700 Jahre Kloster-, Bau- und Pfarreigeschichte und 900 Jahre "Vorgeschichte"
eingebettet in das kultur- und kunstgeschichtliche Umfeld
grau = Allgemein-historischer Kontext
grün = Kunsthistorischer Kontext

387

In Mailand empfängt der 33-jährige Aurelius Augustinus die Taufe. Er hatte in Karthago klassische Literatur und Rhetorik studiert. Nun bricht er seine weltliche Laufbahn ab um im engsten Kreis seiner Freunde und Schüler ein christlich-asketisches, philosophisch inspiriertes Leben zu führen. Anläßlich einer Reise nach Hippo Regius im Jahre 391 gibt er entgegen seiner Neigung das zurückgezogene Leben auf, wird zum Priester berufen und 5 Jahre später Nachfolger des Bischofs. Seine Schriften, insbesondere die Lehre über Sünde und Gnade haben die abendländische Theologie und Philosophie beeinflußt. Sein Bistum führt er wie ein Kloster. Er betrachtet den Klerus als Gemeinschaft von Priesern, die alle nach der gleichen Regel leben sollten, so wie er es zuvor schon mit einigen Gleichgesinnten getan hatte. Diese seine Regel ist als die erste Mönchsregel des Abendlandes anzusehen. Seine Schüler gründen im nördlichen Afrika zahlreiche Gemeinschaften, die alle nach der Regel des Augustinus leben. Schon in seinem Todesjahr 430 erleidet dieses Mönchtum jedoch schwere Verfolgung durch die Vandalen, die auch seine Bischofsstadt belagern, während Augustinus im Sterben liegt.

709

Mit dem Sturm des Islam über Nordafrika werden die Klöster endgültig vernichtet. Durch Flüchtlinge wird der Geist des augustinischen Mönchtums nach Europa getragen und lebt dort über Jahrhundert zunächst im Dunkel der Geschichte weiter.

1215

Das V. Laterankonzil verlangt, dass alle religiösen Gemeinschaften einer approbierten Regel folgen und unabhängige Häuser sich zu Provinzen unter einem gemeinsamen Oberen zusammenschließen.

1230 / 35

In Trier (Liebfrauenkriche) und Marburg (St. Elisabeth) werden die ersten rein gotischen Kirchenbauten in Deutschland begonnen.

1244

Papst Innozenz IV. drängt einige Eremitengemeinschaften in Italien, die inzwischen die Augustinerregel angenommen hatten, sich zu vereinigen.

1248

Baubeginn des gotischen Domes in Köln, der "jüngsten und schönsten Schwester der französischen Kathedralen".

1256

Papst Alexander IV. läd weitere Gemeinschaften zu einem Vereinigungskapitel ein, die sich zum "Orden der Augustiner-Eremiten" vereinigen. Auf Wunsch des Papstes soll der Orden nicht die Abgeschiedenheit suchen sondern aktiv in der Seelsorge tätig sein. Nach Franziskanern, Dominikanern und Karmeliten entsteht so der vierte große Bettelorden des Spätmittelalters, ein Orden also, bei dem nicht nur jedes einzelne Mitglied das Armutsgelübde ablegt, sondern auch der Orden als solcher auf materiellen Besitz verzichtet.

1257

Durch Lehensnahme gelangt eine kleine "Land-Aue" in einer ansonsten feuchten Flußniederung in der Rheinebene an den Landvogt im Speyergau, Graf Emich IV. von Leiningen-Landeck. Während sich in der Nähe eine Anzahl jahrhundertealter Dörfer befinden, war diese feuchte Stelle selbst bei der fränkischen Landnahme gemieden worden. Andererseits kam dieser Stelle stragische Bedeutung zu, denn hier überquerten die alte Salzstraße von Lothringen und die Straße aus dem Elsaß das Flüsschen Queich um dann vereint zum Rhein zu führen. Deshalb gab es auf dieser Land-Aue ein königliches Hofgut und eine Reichsburg um die herum eine kleine dörfliche Siedlung entstanden war. Der neue Grundherr entwickelte diese Ansiedlung nun systematisch zu einem Straßenmarkt. Schon 11 Jahre später spricht er von seiner "civitas nostra", einem Gemeinwesen mit Ratsverfassung.

30.05.1274

König Rudolf von Habsburg verleiht der befestigten Ansiedlung "Landawe" die Stadtrechte und bewilligt der Stadt einen Wochenmarkt.

1276

Der Stadtherr Emich IV. von Leiningen beruft Augustiner-Chorherren aus dem Kloster "Zur Steige" bei Zabern im Elsaß nach Landau. Sie sollen hier die Seelsorge sowie die Kranken- und Armenpflege übernehmen und dazu einen Konvent gründen sowie eine Kirche und ein Spital errichten. Vom Stadtherrn werden die "Steigerbrüder" dazu mit entsprechenden Grundstücken ausgestattet.

1279

Der Bischof von Speyer löst auf Veranlassung des Stadtgründers das Stadtgebiet von Landau aus der Pfarrei Queichheim, zu der es bisher gehörte heraus und errichtet eine eigene Pfarrei für Landau.

1281

Baubeginn der ersten eigenen Pfarrkirche in Landau.

1291

König Rudolf von Habsburg erhebt Landau zur Reichsstadt.

1299

Die Augustiner-Eremiten haben nördlich der Alpen bereits rund 80 Konvente, so dass es notwendig wird, sie in vier Ordensprovinzen einzuteilen.

1303

Die Augustiner-Eremiten gründen in der jungen Stadt Landau einen Konvent, der zur rheinisch-schwäbischen Provinz gehört. Wie für einen Bettelorden üblich liegt der Platz für ihr Kloster außerhalb der Stadtmauer in einer kleinen dörflichen Ansiedlung, im Gegensatz zur "Land-Au" "Frösch-Au" genannt (heutige nördl. Königstraße).
Zwar gibt es kein schriftliches Zeugnis für das Jahr der Klostergründung, jedoch sprechen einige Indizien für 1303. So zeichnen z.B. die seit ca. 25 Jahren hier ansässigen Augustiner-Chorherren ab dem Jahr 1304 mit dem Zusatz "de steiga" oder "steigensium" als Hinweis auf ihr Mutterkloster und wahrscheinlich zur Unterscheidung von den nun auch hier ansässigen Augustiner-Eremiten.

Ab 1304

Die erste Baumaßnahme für das neue Kloster war vermutlich die Errichtung eines Konventsgebäudes, das gleich nach der Gründung begonnen wurde. Dieses Gebäude sollte später den Westflügel des Kreuzganges bilden und mit seiner Südseite auf Höhe des zweiten und dritten Seitenschiffjochs von Osten aus gesehen an die nördliche Seitenschiffwand der geplanten Klosterkirche stoßen. Da die an dieser Seitenschiffwand zu findenden, durch Kehlen getrennte Runddienste, die bis zum Gewölbeansatz geführt sind, als früheste Formen an der gesamten Klosterkirche anzusehen sind ist anzunehmen, dass diese Wand als erstes Bauteil der Kirche bereits zusammen mit dem Konventsgebäude erreichtet worden ist.

1310

Schon um die Jahrhundertwende kam es zu einer ersten Stadterweiterung. Die Queich war in südlicher Richtung überquert und der Straßenmarkt um ca. 180 m verlängert worden. Das erste Grundstück südlich der Queichquerung war der große Bauplatz für die "Steigerbrüder", dem nun räumlich betrachtet eine zentrale Bedeutung zukam. Hier wird nun der Grundstein zur neuen Stifts- und Stadtpfarrkirche gelegt.

1312

Grundsteinlegung des Dominikanerklosters in Gebweiler im Elsaß, dessen Grundriß und Anordnung des Kreuzganges genau dem des Augustinerklosters in Landau entspricht.

1317

Erste urkundliche Erwähnung des Klosters der Augustiner-Eremiten in Landau

1322

In Köln wird 74 Jahre nach Baubeginn der Chor des gotischen Domes geweiht.

In Landau ist man vermutlich zu dieser Zeit noch mit dem Chor der Klosterkirche beschäftigt, nachdem das Konventsgebäudes und die nördliche Seitenschiffwand der Klosterkirche fertiggestellt waren. Während aber andernorts bereits langgestreckte, vieljochige Chöre üblich waren (z.B. Dominikanerinnen-Klosterkirche in Lambrecht), mutet der Chor in Landau, mit nur 3 Jochen und einem 5/8-Schluß eigentlich typisch für die 50er und 60er Jahre des vorhergehenden Jahrhunderts, für eine Entstehung nach 1300 eigentlich ziemlich rückständig an. Dies trifft auch auf die Tatsache zu, dass das Gewölbe im Chorhaupt nur von Konsolen gestützt ist und sowohl Chor- als auch Langhausfenster nur zweigeteilt sind.
Einen Datierungshinweis liefern lediglich die Strebepfeiler des Chores. Die dem Pultdach der Strebepfeiler vorgesetzten Stirngiebel finden sich in gleicher Form an der Barfüßerkirche zu Basel, deren Chor zu Beginn des 14. Jahrhunderts entstanden ist.

1324

Die Stadt Landau wird an den Bischof von Speyer verpfändet. Der Speyerer Fürstbischof hat damit praktisch und formell für fast zwei Jahrhunderte (bis 1511) auch die weltliche Herrschaft über Landau. Er bestellt z.B. den Landauer Bürgermeister.

1333

Die neue 3-schiffige Stifts- und Stadtpfarrkirche ist im Wesentlichen fertiggestellt und wird "Unserer Lieben Frau" geweiht.

1344

Rat und Bürgerschaft der Stadt errichten an der Nord-Ost-Ecke des Straßenmarktes gegenüber dem Kaufhaus die Katharinenkapelle als 3-schiffige Anlage für die seit fast 30 Jahren in der Stadt wirkenden Beginen, eine Laienvereinigung frommer Frauen, die sich den Armen und Kranken widmen.

1349

Die Pestepidemie erreicht die Pfalz

1351

Heinrich Parler beginnt am Heiligkreuzmünster in Schwäbisch Gmünd mit dem Bau des Hallenchores, einer der großartigsten Schöpfungen der deutschen Spätgotik.

In Landau dürfte man zu dieser Zeit den Chor vollendet haben um gleich mit dem Bau des Langhauses fortzufahren. Ein Datierungshinweis gibt hier die Stiftskriche in Neustadt (Weinstraße): Das Langhaus mit seinen gedrungenen Rundpfeilern und vor allem mit den queroblongen Kapellenannexen am jeweils 2. Seitenschiffjoch von Osten aus gesehen steht in der unmittelbaren Nachfolge der Klosterkirche in Landau. Da das Neustadter Langhaus spätestens nach der Chorweihe 1394 errichtet worden ist, kann für das Landauer Langhaus eine Fertigstellung im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts angenommen werden.

1386

Kurfürst Ruprecht I. von der Pfalz gründet in Heidelberg die erste Universität auf dem Boden des heutigen Deutschland.

1388

Das Provinzkapitel der rheinisch-schwäbischen Ordensprovinz der Augustiner-Eremiten findet erstmals in Landau statt. Eventuell trifft dieses Ereignis ja mit der Fergigstellung des Langhauses und damit der gesamten Klosterkirche in Landau zusammen. Bis 1512 fand das Provinzkapitel dann noch mindestens weitere 14 mal in Landau statt.

1410

Nachdem der bischöfliche Generalvikar in Speyer zunächst ein Sammelpatent für ein neues Kirchendaches gewährte, erläßt er nun ein weiteres Patent zur Errichtung einer "anderen Kirche" (alia ecclesia). Diese Urkunde wurde bis vor wenigen Jahren auf die Klosterkirche bezogen, so dass für sie oft eine Entstehungszeit von 1405 bis 1413 angegeben wird. Auch auf der Tafel, die in der Königstraße an der Kirche angebracht ist, wird es noch so angegeben. Manche Autoren gingen davon aus, dass die ursprünglich errichtete Kirche wegen des feuchten Untergrundes nach knapp hundert Jahren wieder baufällig war, andere glaubten, dass sich die Mönche in den ersten hundert Jahren mit einer Kapelle begnügt haben, die nördlich an das Konventsgebäude anschloß. Diese Kapelle ist erst in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts abgebrochen worden und auf einem Kupferstich von J.M.Steidlin, nach 1700 entstanden, noch zu sehen.
Nun kann es aber auch genau umgekehrt gewesen sein: die Klosterkirche stand schon und mit der "anderen Kirche" ist die Kapelle gemeint, die jetzt gebaut wurde. Clemens Jöckle hat viele plausible Indizien für diese Version angeführt, so dass heute davon auszugehen ist, Zu Beginn des 14. Jahrhundert sie Klosterkirche fertig war und nun nördlich davon die Kapelle gebaut wurde.

1414 - 1418

Das Konstanzer Konzil beendet nach 39 Jahren das abendländische Schisma, verurteilt Jan Hus und läßt ihn als Ketzer verbrennen.

1420 - 1436

Die zweischalige Domkuppel von Filippo Brunelleschi markiert in Florenz den Beginn der Renaissance in der Architektur.

1440

Johannes Gutenberg erfindet den Buchdruck mit beweglichen Lettern.

1450

Am Augustinerkloster in Landau werden nun Nord-, Ost- und Südflügel des Kreuzganges errichtet. Die Fensteröffnungen erhalten spätgotische Maßwerke

1492

Columbus entdeckt Amerika.

1506

Grundsteinlegung zum Neubau der Peterskirche in Rom nach den Plänen von Bramante.

1507

Wieder gibt es im Bezug auf die Augustinerkirche ein Dokument, das nicht ganz eindeutig zu deuten ist: Der Prior der Augustinereremiten muß sich vor dem Rat der Stadt wegen der Aufnahme von Pfründnern verantworten, was das städtische Stpital beeinträchtigte. Er begründet diese Maßnahme damit, dass die Augustiner "den kirchenbaw zu dem heiligen creutz angefangen" hätten und ohne diese Nebenbezüge nicht vollenden könnten. Immerhin wird hier das Patrozinium der Klosterkirche "Heilig Kreuz" erstmals bezeugt. Der Rat der Stadt läßt sich überzeugen, stimmt der Maßnahme zu und ist seinerseits noch zu weiteren Unterstützungen bereit. Bleibt aber noch die Frage, um welche Baumaßnahme es sich dabei aber gehandelt habe. Möglicherweise ist damit eine Reparatur an den beiden Westjochen des südlichen Seitenschiffes gemeint. Zum einen kommen hier halbierte Rundpfeiler vor, die sonst in der gesamten Anlage nicht zu finden sind. Zum anderen ist die Wand hier auffällig roh und schmucklos ausgeführt, was auf eine Baumaßnahme in Zeiten großer Armut hinweisen könnte.

1511

Kaiser Maximilian löst Landau aus der Verpfändung an den Fürstbischof in Speyer aus und unterstellt es der Landvogtei im Elsaß.

1517

Der Augustinereremit und Bibelexeget Dr. Martin Luther schlägt seine 95 Ablaßthesen an die Schloßkirche von Wittenberg

1521

Landau wird auf dem Wormser Reichstag der Decapolis, dem elsässischen Zehn-Städte-Bund eingefügt.

1522

Der auf Betreiben Franz von Sickingens von der in Landau versammelten Ritterschaft gegründete und gegen die Fürsten gerichtete "Landauer Bund" hilft auch der Lehre Luthers zum Durchbruch. Fortan bekennt sich der Landauer Pfarrer Johannes Bader dazu und verkündet diese in der Stiftskirche. Da Bader bei den Bürgern der Stadt sehr beliebt ist und hohes Ansehen genießt, schließen sich auch Rat und Bürgerschaft zum großen Teil schon sehr früh der Reformation an.

1525

Für das Kloster der Augustiner-Eremiten sind weltliche Pfleger eingesetzt.

1526

Der Rat der Stadt Landau hat alle Mönche ausgewiesen, die nicht in Landau ihre Profeß abgelegt hatten. Dadurch ist die Zahl der Mönche im Kloster der Augustinereremiten erheblich zurückgegangen.

1529

Der Reichstag zu Speyer endet mit dem "Protest" der evangelischen Minderheit = Protestanten.

1545 - 1563

Das Konzil von Trient führt zur innerkirchlichen Reformation und löst dadurch die sog. Gegenreformation aus. Träger dieser Bewegung sind neben dem Reformpapsttum hauptsächlich die Jesuiten.

1555

Im Augsburger Religionsfrieden wird der lutherischen Religion offiziell Reichsschutz gewährt.
In Landau streiten ein Jahr später Stiftskapitel und lutheranische Bürger, d.h. der Stadtrat um die Besetzung der Pfarrerstelle.

1568

Mit dem Baubeginn der Jesuitenkirche Il Gesú in Rom kündigt sich in der Architektur der Wandel zum Barock an.

1578

Das Augustiner-Eremitenkloster in Landau ist nur noch mit einem Mönch besetzt. Die angestrebte Übernahme der Gebäude durch die Stadt weiß der Orden dadurch zu verhindern, dass immer mindestens 1 Mönch (als Prior) in Landau anwesend ist.

1580

Beginn der Hexenprozesse in Landau

1618

Während sich in vielen europäischen Ländern entweder die Reformation oder die Gegenreformation durchgesetzt hat, wird in Deutschland durch die gebietsweisen Erfolge der Gegenreformation die Spaltung vertieft. 1618 bricht in Böhmen der bewaffnete Kampf zwischen evangelischer "Union" und katholischer "Liga" aus, der letztlich 30 Jahre dauern und am Ende zu einer völligen Neuordnung der Machtverhältnisse in Europa führen sollte.

1621 - 1645

Während des 30jährigen Krieges wechselt die Stadt Landau siebenmal den Besitzer. Die Einwohnerzahl sinkt von 2.500 auf 1.500.

1646

Während des 30jährigen Krieges gehören dem Konvent in Landau 3 Patres und 2 bis 3 Brüder an. Nach dem Krieg übernehmen die Augustiner-Eremiten auch die Seelsorge in vielen verwaisten Pfarreien des Umlandes

1648

Der Friede von Münster beendet den 30jährigen Krieg. Deutschland zerfällt in eine Vielzahl kleiner Staaten. Landau wird zusammen mit den anderen elsässischen Reichsstädten der Schutz- und Schirmpflicht Frankreichs unterstellt. Ludwig XIV. wird daraus ein Besitzrecht ableiten und das Reich wird die Annexion nicht verhindern können. Für Landau als der nördlichsten dieser von Frankreich annektieren Reichsstädte und somit der am weitesten vorgeschobene Posten Frankreichs wird dies weitreichende Konsequenzen haben.

1659

Letzter Hexenprozess in Landau.

1673

Erstmals seit mindestens hundert Jahren halten die Augustiner-Eremiten eine feierliche Prozession ab. Am Palmsonntag ziehen sie mit Fahnen aus dem Kloster über die offene Straße in die Kirche ein. Der Rat der Stadt verbietet solche Prozessionen für die Zukunft, da sich auch die Bürger darüber aufgeregt hätten.

Der Rat der Stadt Landau rät dem katholischen und dem evangelischen Pastor "eine beständige undt Christenliche einigkeit von hertzen" zu wahren.

1688

Pfälzischer Erbfolgekrieg bis 1697: Ludwig XIV. läßt große Teile der Pfalz zerstören und Landau, die nördlichste der annektieren Reichsstädte, durch seinen genialen Baumeister Vauban zu "einer der größten Festungen der Christenheit" ausbauen.

1689

Im Zuge der Bauarbeiten für die Festung kommt es in Landau zu einem katastrophalen Stadtbrand. Drei Viertel der Stadt brennen nieder. Außer der Spitalkirche bleiben jedoch alle anderen Kirchen und Kapellen von dem Feuer verschont. Der Brand war offensichtlich durch Brandlegung verursacht worden um Platz für den Festungsbau zu schaffen. So war die Queich zuvor umgeleitet worden, die Eimer an den Brunnen waren entwendet und löschende Bürger wurden mißhandelt und verjagt. Außerdem war dem Brand ein Rauben und Stehlen vorausgegangen. Beim Neubau bekommt Landau ein völlig neues Gesicht: wegen des Festungsbaus wird nur ein Teil der niedergebrannten Wohnstadt wieder aufgebaut, es entstehen gerade Straßen, rechtwinkelige Bauquadrate und ein großer zentraler Platz (heute Rathausplatz), an dem 1691 der Grundstein für das neue Rathaus gelegt wird.

1697

Ende des Pfälzischen Erbfolgekrieges durch den Friede von Rijswijk. Bestätigung der Unterstellung Landaus an Frankreich, Ende der Reichsfreiheit und Reichsunmittelbarkeit.

1701

Im Kampf der Habsburger gegen die Bourbonen um das spanische Erbe hatte vor allem die Südpfalz unter den Truppeneinquartierungen zu leiden und es herrschte unsagbare Not. Der eigentliche Kampfplatz war hier die Festung Landau, die vor Kriegsausbruch durch ein nordwestlich vorgeschobenes Kronwerk, das "Fort" verstärkt wurde. Die Stadt wechselt in den folgenden 11 Jahren nach Belagerungskämpfen viermal den Besitzer, ist am Ende im Friede von Rastatt wieder französisch.

1702

Der 24-jährige habsburg-österreichische Erzherzog Joseph, der schon die römische Königskrone trug und der am spanischen Erbe besonderes Interesse hatte, wurde von seinem Vater, Kaiser Leopold, nominell zum Oberbefehlshaber der Reichstruppen am Oberrhein ernannt. Im Juni 1702 besuchte der junge König mit seinem Hofstaat, 250 Begleitern in 77 Kutschen und Wagen, seine Truppen, die unter dem Befehl des badischen Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden, dem "Türkenlouis", die Festung Landau belagerten. 32 Tage dauerte die Reise des langen Zuges von Wien bis ins Hauptquartier vor den Toren Landaus. König Joseph I. benutzte dabei eine eigens konstruierte zweiachsige Kutsche mit abklappbarem Verdeck, die seither "Landauer-Chaise" oder auch einfach LANDAUER genannt wird.

1714

Nach dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges wird Landau nun für 100 Jahre französische Grenzfestung bleiben und in dieser Zeit auf den Gebieten von Verwaltung und Kultur mehr und mehr "französisch" werden. Trotz der Belastungen als Festung und Garnison kann sich die Stadt nun von Stadtbrand, Festungsbau und Belagerungen erholen und aufblühen - und mit ihr auch das Kloster der Augustiner-Eremiten. Diese Zeit wird Landau - als Teil Frankreichs - dann auch die Ideen der Revolution bringen, für das Kloster wird das aber das Ende bedeuten.

1729

Nach der Heiligsprechung Johannes von Nepomuk erhält die kleine Kirche nördlich der Klosterkirche dieses Patrozinium

1737

Das Augustiner-Eremitenkloster in Landau zählt 10 Patres und 5 Brüder

ca. 1750 - 1780

Barocke Erweiterung des Kreuzganges: Abbruch des alten Konventsgebäudes und Neuerrichtung des Westflügels in der Bauflucht mit der Westfassade der Klosterkirche mit zwei Barockportalen zur Straße hin. Verlängerung von Nord- und Südflügel bis zum neuen Westflügel unter teilweiser Verwendung der Maßwerke des alten Westflügels. Der neue Westflügel erhält keine Arkaden. Barocke Aufstockung von Nord- und Ostflügel mit zwei durch ein Gesims getrennte Geschossen und einem Mansardendach.

1761

Das Augustiner-Eremitenkloster in Landau zählt 12 Patres.

1764

Das Augustinerkloster in Landau wird wie 5 weitere im Elsaß von der französischen Verwaltung einem eigenen Distrikvikar unterstellt und damit aufs engste mit dem damaligen Frankreich verbunden. Diese Klöster erscheinen nun nicht mehr in den Akten der rheinisch-schwäbischen Ordensprovinz.

1765

James Watt erfindet die Dampfmaschine.

1776

Unabhängigkeitserklärung der amerikanischen Kolonien von England.

1789

Mit der Erstürmung der Bastille in Paris bricht die Französische Revolution aus. Vom französischen Landau aus verbreiten sich die Ideen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit auch in die umliegenden pfälzischen Gebiete, die noch unter feudaler Herrschaft stehen.

1793

Auflösung des Augustinerklosers im Gefolge der Französischen Revolution; Zu Beginn der Revolution lebten hier 13 Patres und 4 Brüder; Gesamte Ausstattung der Kirche geht verloren; Profane Nutzung der Augustinerkirche für fast 100 Jahre als Früchte- und Mehlmagazin, Artilleriedepot, Ausstellung-, Kommerz- und Konzerthalle, Tabakschuppen

1794

Die letzte Glocke wird vom Dachreiter der Augustinerkirche heruntergeholt. In der Kirche wird ein Holztempel mit drei Freiheitskappen aufgestellt. Der Nationalkonvent in Paris beseitigt per Gesetz das Christentum, an dessen Stelle der Kult der Göttin Vernuft tritt. Wie Notre Dame in Paris, so wird auch die Augustinerkirche in Landau in einen "Tempel der Vernuft" umgewandelt. Es werden gottesdienstähnliche Revolutionsfeste mit Orgelbegleitung gefeiert.

1798

Neben den Nationalfesten werden in der Stiftskirche nun auch wieder christliche Gottesdienste gefeiert. Die Kirche wird nun von Katholiken und Protestanten simultan genutzt. Die Augustinerkirche behält ihre revolutionäre, pseudoreligiöse Funktion bei und dient darüberhinaus als Versammlungsraum für die Bürger.

1799

Im Augustinerkloster in Landau wird ein Depot der französischen Artillerie eingerichtet

1801

Nach dem Friedensschluß von Lunéville gehören die linksrheinischen Gebiete nun auch formell zu Frankreich. Das Konkordat zwischen Napoleon und Papst Pius VII. bringt eine völlige Neuordnung der Kirche in Frankreich. Die Diözese Speyer wird auf ihren rechtsrheinischen Teil reduziert, Landau gehört jetzt zum Bistum Straßburg.

1815

Napoleons Niederlage in Waterloo bringt auch das Ende der langen französischen Herrschaft über Landau. Durch den 2. Pariser Frieden wird das ehemals französische Gebiet auf der linken Rheinseite nördlich des Elsaß österreichischer Verwaltung unterstellt.

1816

Die Pfalz wird als "bayerischer Rheinkreis" dem Königreich Bayern eingegliedert. Speyer wird Sitz der Kreisregierung, Landau wird Bezirksstadt. Landau fällt nun die gleiche Rolle wieder zu, die es schon in seiner französischen Zeit hatte, nur jetzt eben "auf der anderen Seite": Landau wird "Bundesfestung" und im Laufe des Jahrhundert wieder größte Garnison der Pfalz.

1817

Konkordat zwischen Bayern und dem Hl. Stuhl: Das Bistum Speyer liegt nun ganz auf der linksrheinischen Seite und umfaßt die neu geschaffene Provinz Rheinpfalz sowie Teile des Saarlandes

1837

Erstmals wird in Landau der Wunsch nach Ablösung des Simultaneums an der Stiftskirche geäußert

1868 / 69

Landauer Landtagsabgeordnete wollen die Augustinerkirche für die Protestanten erhalten. Das bischöfliche Ordinariat will die Stiftskriche allein für die Kahtoliken. Die Landauer Katholiken denken jedoch bereits an einen Kirchenneubau. Wegen der Festungsmauern ist jedoch kein Bauplatz zu finden.

1870 - 1871

Deutsch-französischer Krieg, Gründung des deutschen Kaiserreiches, dem auch das Königreich Bayern beitritt.

1872

Schleifung der Bundesfestung, die Einwohnerzahl steigt schnell an. Die Ablösung des Simultaneums an der Stiftskriche wird immer dringlicher.

1882 - 1886

Konkrete Planungen für die Auflösung des Simultaneums. Der Mainzer Dombaumeister schlägt den Katholiken den Erwerb der Augustinerkirche vor, diese gründen einen Kirchenbauverein um die Geldmittel zu beschaffen.

1887

Der Kirchenbauverein verwirft den Ankauf der Augustinerkirche und drängt bei der Stadt um einen Bauplatz.

1891

Eine Kommission aus je 5 Vertretern des Kirchenbauvereins, des Presbytriums und des Stadtrates sucht nun nach einer Lösung für die Auflösung des Simultaneums. Man bildet 2 Lose: eines enthielt die Stiftskirche, das andere die Augustinerkirche sowie einen Bauplatz von rund 6.700 qm am Kaiserring (heute Marienring). Da sich beide Parteien für das Los mit der Stiftskriche entscheiden wird dieses schließlich versteigert. Bei 54.000 Mark bieten die Katholiken nicht mehr mit, so dass die Protestanten die Stiftskriche erhalten, die Katholiken diese Geldsumme, den Bauplatz sowie die profanierte Augustinerkirche.

1892

Wiederherstellung der Augustinerkirche nach 100-jähriger profaner Nutzung. Der Schwerpunkt liegt in der Öffnung der zugemauerten Fenster und der Schaffung von Maßwerken, da die orignalen alle verloren waren. Dabei hat man sich an den erhaltenen spätgotischen Formen im Kreuzgang sowie an anderen mittelalterlichen Kirchen orientiert. Deshalb können die Maßwerke der Kirche auch nicht zur Datierung der Bauzeit herangezogen werden und die These der Entstehung der Klosterkirche erst im 15. Jahrhundert stützen.
Innen erhält die Kirche eine neugotische Ausstattung.

1893

Offizielle Auflösung des Simultaneums an der Stiftskirche. Letzter katholischer Gottesdienst in der Stiftskirche, Übertragung des Allerheiligsten und Benedizierung der Augustinerkirche auf den Titel "Heilig Kreuz".

1897/98

Kaum ist das Simultaneum aufgelöst gibt es schon wieder ein neues: Während der nun notwendigen Renovierung der Stiftskirche halten auch die Protestanten ihre Gottesienste in der Augustinerkirche ab.

1905 - 1907

Bau der städtischen Festhalle Landau im Jugendstil, eine Stiftung von Dr. August Ludowici.

1908

Grundsteinlegung für die neue katholische Stadtpfarrkirche am Kaiserring nach Plänen des Architekten J. Cades, die ursprünglich für eine neue Kathedrale in Rottenburg erstellt wurden.

1910

Landau erhält als erste pfälzische Stadt die Kreisfreiheit.

1911

Feierliche Konsekration der Marienkirche durch den Bischof von Speyer, den späteren Kardial Michael Faulhaber, dessen erste Kirchenkonsekration dies war. Die Augustinerkirche wird Garnisonskirche.

1913

Die elektrische Oberlandbahn Landau - Neustadt wird eröffnet.

1914

Der Konflikt zwischen Österreich und Serbien weitet sich zum 1. Weltkrieg aus.

1918

Mit dem Ende des 1. Weltkrieges wird Landau nun wieder französische Garnison und die Augustinerkirche wird französische Garnisionskirche.

1930 - 1933

Nach Auflösung der französischen Garnison wird die Augustinerkirche renoviert. Dabei wird ihre neugotische Ausstattung von 1892 entfernt. Danach dient die Augustinerkirche der (einzigen) Pfarrei (St. Maria) als Nebenkirche.

1936

Landau wird nun wieder deutsche Garnison

1939

Der deutsche Überfall auf Polen löst den 2. Weltkrieg aus.

1940

An der Heilig-Kreuz-Kirche wird eine Expositur errichtet.

1944 / 45

Schwere Luftangriffe auf Landau zum Ende des Krieges. Am 16.3.1945 wird bei einem Angriff der Chorschluß der Augustinerkirche völlig zerstört, vom Ost- und Südflügel des Kreuzganges bleiben nur die Arkaden stehen. Wo der Ostflügel an den Chor stößt befand sich 4 oder 5 Stufen unter der Erde ein Luftschutzraum, dessen Decke durch die Druckwelle der in der Nähe einschlagenden Bomben einstürzte. Mit Ausnahme einer einzigen Frau kommen alle Personen ums Leben, die hier Schutz gesucht hatten. Erst nach wochenlangen Aufräumarbeiten sind alle 44 Leichen geborgen. Durch Errichtung einer Trennwand vor dem eingestürzten Chor ist die Kirche schon im November des gleichen Jahres wieder für den Gottesdienst hergerichtet.

19.1.1946

Meine Eltern werden in der Augustinerkirche von Landau von Expositus Aloys Unold, dem späteren 1. Pfarrer der Pfarrei Heilig-Kreuz getraut.

1948

Der Speyerer Bischof Joseph Wendel, der spätere Münchener Kardinal, erhebt den Seelsorgebezirk Heilig-Kreuz zur Pfarrei.

1955

Abschluß des Wiederaufbaus an der Kirche nach den Kriegszerstörungen.

1956 -1962

Von 1956 bis zur Errichtung der Kuratie Christ-König 1962 gehöre ich zu den Meßdienern der Heilig-Kreuz-Kirche in Landau.

1962 - 1964

Umfassende Renovierung der Augustinerkirche. Dabei werden an verschiedenen Stellen mittelalterliche Wandmalereien freigelegt. Als letzter Teil der neugotischen Ausstattung von 1892 der 1930 nicht entfernt wurde, wird die Empore beseitigt und durch eine frei im Raum stehende Betonbühne ersetzt.

1988

Wiedererrichtung des Kreuzgang-Ostflüges mit einem neuen Raumprogramm zur Nutzung als Gemeindehaus.

1990

Landau wird Universtitätsstadt

1999

Beginn der Renovierung und Sanierung der Landauer Festhalle, u.a. Freilegung der ursprünglichen Jugendstildecke

2006 - 2007

Sanierung des Dachreiters auf der Heilig-Kreuz-Kirche.


Dieter Meyer, September 2007
Unter primärer Verwendung der
unter "Literatur" angegebenen Veröffentlichungen




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Baubeschreibung:



Dieter Meyer, März 2007
Nach Clemens Jöckle (siehe "Literatur")




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